Wie ich mich selbst durch einen tiefen Entscheidungsprozess führen lernte
Auf gepackten Koffern
Schon seit Monaten stellte ich mich darauf ein, Ende Mai für ca. 5 Wochen einfach den Reset-Knopf zu drücken. Einfach mal nur für mich sein. Weitab von allen Verpflichtungen. Dazu Maßnahmen, die mich darin unterstützen, meinen Alltag leichter zu gestalten. Glaubenssätze zu entlarven, die mich an destruktiven Verhaltensmustern festhalten lassen. Und nebenbei noch die Ruhe zu finden, um bisher aufgeschobene lebenswichtige Entscheidungen zu treffen.
So hatte ich mir die psychosomatische Reha-Maßnahme vorgestellt, die mir bereits zu Anfang des Jahres bewilligt wurde. Und ich war einige Tage vor Antritt bereits vollkommen darauf eingestellt. An dem Wochenende zuvor hatte ich bereits einen großen Proviant angesammelt. Und auch schon all meine Kleidung, die ich benötigen würde, aus dem Schrank geräumt, um sie am Folgetag in die Koffer zu packen.
Ich hatte mich auch schon mental darauf vorbereitet, diese Zeit meinen Mann und auch Mali zurück- zulassen. Denn ich wusste, mein Mann wird es schaffen. Ich hatte seine Zusage, alles zu regeln. Obwohl ich insgeheim schon ein schlechtes Gewissen hatte, ihn mit all der Verantwortung alleine zu lassen. Und doch erleichterte mich der Gedanken, selbst einmal alle Verantwortung abzugeben.
Um noch eine schöne Aktion mit Mali zu genießen, nahm ich mit ihr an einem Workshop bei meiner liebsten N.A.B. Dozentin Karin Freiling teil. Thema war „Verbindung und Entspannung für Mensch und Tier“. Also voll mein Thema. Und das Ganze wurde auch noch begleitet von einer Handpan! Ich liebe Musik. Und vom Klang der Handpan bin ich ganz fasziniert und komme leicht in die Entspannung.
Aber das soll hier nicht das Thema sein.
Alles wird auf den Kopf gestellt
Denn was WÄHREND des Seminars passiert ist, ist entscheidend. Und es sollte alle meine Pläne auf den Kopf stellen. Ich wunderte mich, als ich zwischendurch aufs Handy sah: Zwei verpasste Anrufe meiner Schwiegermutter und eine Bitte, mich zurückzurufen. Das musste ja etwas Wichtiges sein.
Sofort wurde mir ganz anders ... Als ich sie dann zurückrief, erfuhr ich, dass mein Mann in der Zeit einen Unfall hatte, bei dem er sich das Fersenbein brach!
Ich machte mir große Sorgen – um ihn und auch um meine Reha. Auch wenn meine Schwiegermutter mich beruhigte und mir zusicherte, wir würden eine Lösung finden.
Schlimm war für mich, dass ich gerade keine Möglichkeit hatte, meinem Mann Beistand zu leisten – ich war ja einige Stunden entfernt von Zuhause. Daher war ich dankbar, dass meine Schwiegereltern vor Ort waren und sich um die ersten Angelegenheiten kümmern konnten.
Ich entschied, den Workshop noch bis zum Ende durchzuziehen, weil es nach meiner Rückkehr an dem Tag so oder so zu spät gewesen wäre, meinen Mann im Krankenhaus zu besuchen. Und ich musste auch erst meine Nerven beruhigen, bevor ich mich ins Auto setzte.
Eine unangenehme Entscheidung
Zuhause ging dann die Diskussion in meinem Kopf los:
Bei meinem Mann bleiben oder zur Reha fahren?
Inzwischen hatten wir das Angebot meiner Schwiegereltern, meinen Mann während meines Aufenthalts in der Reha bei sich zu versorgen, bis er dies wieder selbstständig tun könnte. Und für Mali hätten wir auch eine Lösung gefunden, die mich zwar nicht begeisterte, aber die ich in Kauf genommen hätte, wenn ich nur fahren könnte.
Eine Stimme in mir war nämlich nach wie vor entschlossen, zu fahren. Und außerdem könnte ich das doch nicht machen: Einfach nicht losfahren und erst am Anreisetag absagen!
Denn es war das Pfingstwochenende. Das heißt, auch am Montag war noch niemand erreichbar – weder in der Reha-Klinik noch beim Versicherungsträger. Und Dienstag sollte ich schon in der Reha sein. Zwischen 400 bis 500 km wäre ich gefahren. Hätte also schon lange losfahren müssen, bevor wieder jemand telefonisch erreichbar wäre.
Und doch wollte ich die Entscheidung nicht treffen, ohne meinen Mann zu sprechen. Als ich ihn dann am Sonntag Vormittag endlich sehen konnte, schaute ich in traurige Augen. So verletzlich hatte ich meinen Mann noch nie gesehen. Nicht nur im Außen. Sondern auch im Innen.
Und als ich ihn dann fragte, was er über die Situation denkt, machte er schon deutlich, dass er mich nicht von der Reha abhalten wolle, aber sich schon wünschen würde, ich bliebe bei ihm.
Einerseits verspürte ich ein großes Mitgefühl und den Wunsch, meinem Mann beizustehen. Zum anderen weckte ich Widerstand in mir: Nur weil ER nicht aufgepasst hatte, sollte ich meine Pläne begraben?! Es hing ja noch viel mehr daran als nur die 5 Wochen Reha an sich!
Mit einzelnen Menschen sprach ich über das Thema. Einerseits hieß es: „Du kannst doch jetzt nicht fahren!“ – Andererseits: „Wenn du so kurzfristig absagst, wirst du nie wieder eine Reha genehmigt bekommen!“ oder „Wenn du nicht mehr vorher absagen kann, wird es Konsequenzen geben“.
Ich saß viele Stunden zuhause und das Gedankenkarrussell drehte sich. Und da waren diese beiden Stimmen, die sich nicht einig werden wollten.
Herz vs. Kopf
Und irgendwann stellte ich mir die Frage: „Was würde die Liebe tun?“
Und da konnte ich die beiden Stimmen lokalisieren: Die eine Stimme war mein EGO!
Das auf mein Recht bestand, fahren zu dürfen. Das sich bereits eingestellt hatte auf diese Reise. Auf die Verabschiedung von aller Verantwortung. Das erleichtert war, alle Formalien, Termine und Angelegenheiten geregelt zu haben. Das aus Angst vor Konsequenzen eine so kurzfristige Absage scheute. Das nicht wusste, wie es sonst weitergehen könnte.
Und die andere Stimme, das war mein Herz! Das meinem Mann zur Seite stehen wollte. Das ihn während der Zeit im Krankenhaus und darüber hinaus unterstützen wollte. Das ihm in dieser Zeit nahe sein wollte. Das mit ihm als Team gemeinsam meistern wollte! Das auch die Verbindung mit Mali nicht missen wollte, die sich doch bei dem Workshop so stark wie nie zuvor gezeigt hatte!
Führung des Selbst
Und ab da fiel mir die Entscheidung nicht mehr so schwer.
Ich erkannte, dass auch die Ratschläge, die mich vor negativen Konsequenzen warnten, aus dem Ego, aus der Angst heraus gegeben wurden. Vielleicht auch der Ratschlag, ich könne nicht fahren.
Und dass am Ende niemand die Entscheidung für mich treffen könnte. Sondern nur ich selbst. Das war es auch, was mich erst hemmte. Denn ich wollte doch alle Verantwortung abgeben! Und daher quälte ich mich so viele Stunden, bis ich mich dazu entschließen konnte, die Verantwortung zu tragen.
Durch die Angst in die Erleichterung
Als die Entscheidung getroffen war, wurde alles plötzlich viel leichter.
Am Dienstagmorgen regelte ich direkt alle Anrufe. Und allen Warnungen zum Trotz, bekam ich viel Verständnis und ein freundliches Entgegenkommen. Ein Verschieben der Reha war kein Problem. Und sogar eine Verlängerung der Bewilligung um ca. 3 Monate wurde mir angeboten!
Und es eröffneten sich mir ganz neue Möglichkeiten!
Zum Beispiel die Teilnahme am Seminar am See von Wise Animal mit Kim Laura Ulrich – quasi als Abschluss meiner Ausbildung zum Wise Animal Mentor. Als Kim damals das Datum verkündete, war ich so traurig, nicht dabei sein zu können. Und jetzt stand dem plötzlich nichts mehr im Wege. Sogar das mit der Unterkunft regelte sich wie von selbst! Aber dazu mehr in einem Extra-Beitrag.
Auch war ich ein bisschen wehmütig, unseren wunderschönen Garten ausgerechnet dann nicht mehr sehen zu können, nachdem er so wunderschön zu blühen begonnen hatte. Und jetzt kann ich den Sommer doch hier genießen.
Und ich bin sicher, viele weitere Gelegenheiten, die sich aufgrund der Verschiebung des Reha-Termins ergeben, lassen sich jetzt noch gar nicht absehen.
Demut und Dankbarkeit
Nachdem mein Mann nun sogar zweimal operiert werden und ganze 18 Tage im Krankenhaus verbleiben musste, habe ich auf jeden Fall ein besseres Gewissen, hier bei ihm zu sein. Und ihn zuhause zu unterstützen, wie es mir möglich ist. Und auch für Mali ist es so natürlich die beste Lösung. In der Reha hätte ich wohl auch keine Ruhe gefunden und wäre mit meinen Gedanken immer bei den beiden gewesen. Und ich bin sicher, das gemeinsam durchzustehen, schweißt uns drei nur noch mehr zusammen.
Also, wenn du auch mal vor einer schwierigen Entscheidung stehst, frage dich „Was würde die Liebe tun?“ – so entlarvst du Ängste und Glaubenssätze (auch die anderer Menschen) und kannst ergründen, was dir am meisten dient. Und dann stehe zu dieser Entscheidung, auch wenn es sich im 1. Moment nicht gut anfühlt. Denn wenn du erst durch bist durch diese Ungewissheit und durch die Angst, dann wird es leicht.
Und dann wird alles gut! Nur Mut!
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